Am achten Tag des Dschungelcamps lauschen wir einem Gespräch über das Gendern, wie es nicht anders in jedem Büro zu hören sein kann.
Timo (35): „Ich war in Corona eingeschlossen, da bin ich kaputt gegangen.“
Alessia (23): „Ja, ey, ich bin behindert geworden.“
Lilly (48): Prustet ihren Tee vor Schreck wieder aus und lacht.
Pierre (62): „Alessia, wir machen den Satz noch mal, Schatz.“
Alessia: „Ey.“
Pierre: „Man sagt in Deutschland nicht mehr behindert, sondern Menschen mit Behinderung.“
Jörg (66): „Warum darf man das eigentlich nicht mehr sagen?“
Pierre: „Soweit ich weiß, ist es jetzt politisch korrekt, Menschen mit Behinderung voranzustellen.“
Jörg: „Wir durften ja nicht mehr Zuschauer sagen, sondern wir mussten Zuschauer und Zuschauerinnen oder Zuschauer:innen sagen.“
Timur: „Also ich sag ganz ehrlich. (er hält inne) Ganz ehrlich, sag ich lieber nichts.“ Jörg: „Aber ich sage es. Ich hasse gendern. Auch auf die Gefahr hin, dass mich alle Gender-Freunde hassen und verfluchen. Die Leute, die gendern, sollen die Leute, die nicht gendern, nicht zwingen zu gendern.“
Pierre: „Sprache ist im Fluss. Für meine Nichten und Neffen ist das normal.“
Jörg: „Dann verzichte ich lieber auf weitere Jobs als Reporter.“
Gendern hin oder her. Warum ich dieses Gespräch zitiere, ist allein wegen Timur, der sich nicht traut, etwas dazu zu sagen und sich selbst zensiert. Er hat keine Lust, als rückständig, altmodisch oder sonst wie politisch unkorrekt zu gelten. Er, der in der Mitte der Gesellschaft steht, hat Angst, sich mit seiner Aussage ins gesellschaftliche Abseits zu begeben.
Die ursprüngliche Intention des Genderns kann ich voll nachvollziehen. Kleine Mädchen und Jungs sollen hören, dass es nicht nur Ärzte, Tischler und Erzieherinnen gibt, sondern auch Ärztinnen, Tischlerinnen und Erzieher. Sprache prägt das Bewusstsein. Doch mittlerweile soll jede Identität sprachlich aufgefangen und berücksichtigt werden. Das führt mitunter zu einer Wortakrobatik, wie in diesem wissenschaftlichen Artikel: „Der:die Therapeut:in als zweite:r Autor:in“. Hier hat man mich verloren. Und andere eben schon viel früher.
Und was mich wirklich sprachlos gemacht hat, war die Aussage einer Akademikerin, die ganz entsetzt reagierte, als ich sie fragte, ob sie auch mit ihren Kindern gendert: „Nein, natürlich nicht“. Wozu dann das Ganze? Und eine Frage zu Pierre: Hat er verstanden, warum man Menschen mit Behinderung sagen soll? Er weiß, dass es so sein soll, aber kennt er den Hintergrund? Bitte erklären anstatt Verurteilen und Spotten. Und können wir nicht mehr Toleranz, damit Selbstzensur nicht nötig wird?
Bei RTL+ gibt es die Bewegtbilder und auf meinem OMNI Blog die Reflexionen der letzten Tage zum Nachlesen. https://omnichange.de/blog/
Foto: RTL / Boris Breuer