Immer wieder begegne ich in meinen Seminaren Führungskräften, die gegen ihre Betriebsräte ankämpfen und Betriebsräte, die sich über „die da oben“ aufregen und es ihnen zeigen wollen. „Die da oben halten sich wohl für die Elite“, so das Feindbild Geschäftsführung. Und die „linken Zecken sind aus Prinzip gegen alles, was wir machen“, so das Feindbild Betriebsrat. Puh. Und jetzt? Kampf, Stillstand, Frust, viel Zeit in endlosen Meetings und Unverständnis auf beiden Seiten. Muss das sein? Nein. Geht es anders? Ja. Allerdings kostet das auch Kraft und Zeit, sowie die Bereitschaft, sich wirklich auf den anderen einlassen zu wollen. Und es braucht das Wohlwollen zu glauben, dass der jeweils andere eine gute Absicht hat. Dann kann es wieder konstruktiv und stressfreier werden.
„Oft steht beiderseits mangelnde Bereitschaft einer konstruktiven Annäherung im Weg.“
Ja, wir sind schon wieder beim Thema Empathie und Aktiven Zuhören, schon wieder bei der inneren Einstellung und der Frage, ob wir wirklich offen für unser Gegenüber sind. Sicher, die Erfahrungen in der Zusammenarbeit haben womöglich die Meinung verfestigt, dass der jeweils andere nur Böses im Schilde führt. Doch glaube ich das nicht. Ich glaube, dass beide Seiten sehr wohl gute Absichten haben, nur einen anderen Fokus. Und ich stelle immer wieder fest, dass beide Seiten in ihrer Kommunikation begrenzt talentiert sind. Das ist lösbar.
Betriebsräte haben natürlich, und das ist ihr Auftrag, das Wohl der Mitarbeitenden im Fokus. Geschäftsführende, auch das ist ihr Auftrag, das Wohl des gesamten Unternehmens. Geht es dem Unternehmen schlecht, haben die Mitarbeitenden nicht mehr lange etwas zu tun. Geht es den Mitarbeitenden schlecht, wird die Produktivität sinken und das kann die Geschäftsführung nicht wollen. Verfestigt sich das jeweilige Feindbild Betriebsrat oder Geschäftsführung, spricht jeder dem anderen ab, dass er auch den Fokus des anderen im Blick hat. Und dann wird taktiert. Der Betriebsrat fordert unmögliches, um wenigstens die Minimalforderungen zu erreichen. Die Geschäftsführung schreibt PillePalle-Forderungen in seinen Katalog, damit der Betriebsrat etwas zum Streichen findet. Super.
Mit dieser Einstellung, der andere sei böse, niederträchtig, heimtückisch, destruktiv und menschlich verachtenswert, kommen sie nicht weiter. Sicher gibt es auf beiden Seiten auch schwierige Charaktere, große Egos und Behauptungswillen auf Kosten des großen Ganzen. Meiner Erfahrung nach ist der jeweilige Gegner gar nicht so übel wie sie sagen. Beide Seiten haben sich reingesteigert in ihr Feindbild und sind nicht mehr bereit, die guten Absichten und die guten Seiten des anderen zu sehen.
„Es braucht Offenheit und ehrliches Interesse, die Beweggründe des anderen zu verstehen.“
Wie wäre es, sich in Offsite Meetings zu treffen und mal grundsätzlich herauszufinden, was ihnen allen wichtig an ihrem Unternehmen ist? Was stört sie, was brauchen sie? Mal eine richtige, ehrliche Aussprache führen? Wie kam es zum Feindbild Betriebsrat und Feindbild Geschäftsführung? Wo liegen die Wurzeln der Konflikte? Miteinander Zeit zum Kennenlernen der wahren Persönlichkeiten verbringen? Gemeinsame Unternehmungen, um zu erkennen, dass hinter dem Feindbild Betriebsrat oder Geschäftsführung ein Mensch steckt? Und gerne begleitet von einem Kommunikationstraining in Ich-Botschaften, Aktivem Zuhören oder konstruktivem Feedback-geben, damit nicht neues Porzellan zerdeppert wird.
Als Außenstehende kenne ich beide Seiten mit ihrem Engagement, ihren guten Absichten und guten Willen. Das Betriebsverfassungsgesetz verdonnert beide Seiten dazu, miteinander zu arbeiten. Es gibt viele gute Beispiele, viel produktives Miteinander. Man kuschelt nicht, doch man respektiert sich. Stellt Forderungen, diskutiert, kommt sich entgegen und wenn es gar nicht geht, sieht man sich auf der Einigungsstelle, doch nicht zum Kämpfen, sondern damit ein neutraler Dritter bei der Klärung hilft. Es gibt Betriebsräte, die von der Belegschaft und der Geschäftsführung gleichermaßen respektiert werden. Respektiert, weil sie hart in der Sache, aber fair in der Verhandlungsführung sind. Mitbestimmung ist eine Sache des Gebens und Nehmens. Wenn beide Seiten miteinander arbeiten wollen, harte Verhandlungen nicht persönlich nehmen, sondern als das, was sie sind, dann wird es für sie beide nützlich sein. Weniger emotionaler Stress und mehr Lebensfreude, weder Feindbild Betriebsrat noch Feindbild Geschäftsführung und im Anschluss ein gemeinsames Bier, trotz Betriebsverfassungsrecht.
„Wenn zwei sich streiten, kann ein neutraler Dritter den Weg für einen Neuanfang ebnen.“
Wer macht jetzt den ersten Schritt? Wer geht auf den anderen zu? Wer hat die Bereitschaft, zuerst zuzuhören, wirklich zu verstehen, ohne gleich dagegen zu argumentieren? Wer hat die Offenheit, sich wirklich zu zeigen? Wer traut dem anderen zu, dass er sich bewegen kann? Wie finden beide eine Sprache, in der sie sich respektvoll begegnen können? Wie kitten Sie alte Verletzungen, Herabwürdigungen und bauen neues Vertrauen auf? Es gibt Menschen wie mich, die Ihnen dabei helfen können. Ein neutraler Dritter, der mit Empathie und Klarheit die alten Verstrickungen lösen hilft und beide Seiten wieder auf den gemeinsamen Weg bringt. So einen Dritten wünsche ich mir für alle Unternehmen, in denen diese kraftzehrenden Kämpfe viel Energie kosten, doch so wenig voranbringen. Versuchen Sie es. Ich wünsche Ihnen gutes Gelingen!
Teilen Sie mir gerne mit, welche Themenwünsche Sie für weiter Blogartikel haben. Melden Sie sich, wenn Sie Fragen haben oder ganz anderer Meinung sind. Ich will es wissen, will offen sein und auch von Ihnen lernen!
In diesem Sinne „OMNICHANGE“, alles ist im Wandel und mehr dazu auch nächste Woche wieder im OMNI Blog. Auf ein gutes Miteinander,
Ihre Daniela Scherler